Zum Test
Zur Übersicht4. Dezember 2023

Frauen*domäne: Informatikerinnen

Einige Berufe werden auch heute noch seltener von Frauen ausgeübt. Wir haben mit Frauen gesprochen, die in sogenannten „Männerdomänen“ arbeiten. Sie stellen ihren Traumberuf vor und ermutigen andere Frauen, ihren Träumen zu folgen  – so auch Sophie Freimann und Katy Graf.

Liebe Katy & Sophie, danke, dass ihr euch Zeit nehmt, unsere Fragen zu beantworten.
Ihr seid aktuell in der Lehre zur Informatikerin, wie seid ihr auf diesen Berufswunsch gekommen?

Sophie: Ich bin auf die Informatik gekommen, weil ich in der 5. Klasse einen Zusatzkurs belegte und da konnte ich «Scratch» ausprobieren. Dies ist ein Programm, mit dem Kinder vereinfacht programmieren können. Das hat mir sehr gefallen und ich bekam den Wunsch, dies auch mal als Beruf zu machen. Später hatte ich dies allerdings nicht mehr im Kopf, auch weil ich das Gefühl hatte, ich werde als Mädchen deswegen ausgelacht. Ich wusste immer, ich wollte im Büro arbeiten und dachte dann an verschiedene KV-Lehren. Aber dann hatte ich mich doch getraut, wieder in die Information reinzuschauen und jetzt bin ich da.

Katy: Mein Bruder machte auch eine Informatik-Lehre und als kleine Schwester habe ich immer neugierig über seine Schulter geschaut und es hat mich sehr interessiert. Seither hat es mich gepackt und in der Schule haben wir auch mit «Scratch» und anderen Lernumgebungen gearbeitet, um den Computer und das Programmieren kennenzulernen. Ich habe auch andere Berufe angeschaut wie Detailhandel, Tierpflegerin und Transportfachfrau, also sehr verschieden, aber schliesslich habe ich dann doch gemerkt, dass die Applikationsentwicklung mich schon länger interessiert und mich dafür entschieden.

Aktuell gibt es immer noch deutlich weniger Frauen als Männer in dieser Lehrstelle. Wie war es für euch, euren Berufswunsch umzusetzen?

Sophie: Es war eine gewisse Angst da. Mein Freundeskreis ist stark weiblich und in der Schule war ich immer mit Mädchen zusammen. Und dann zu wissen, ich komme in eine neue Umgebung und in meinem Lehrbetrieb werde ich keine andere Mitlernende haben. Das machte mir schon ein wenig Angst, wie das sein wird. Das heisst in die Berufswahl hat es nicht direkt reingespielt, aber eine Angst war schon da.

Katy: Ich habe nicht gross daran gedacht, dass in diesem Beruf weniger Frauen vertreten sind. Ich hatte vorher schon einige Praktika gemacht und war es schon gewohnt, das einzige Mädchen zu sein. Bei mir hat das keine Rolle gespielt.

Wie hat euer Umfeld auf euren Berufswunsch reagiert?

Sophie: In meiner Familie kam das Thema Geschlecht wegen meiner Berufswahl nicht auf, sondern es hiess immer, Informatik sei ein zukunftsgerichteter und guter Job. In meinem Freundeskreis hat es ebenfalls keine grosse Rolle gespielt. Ein Kollege von mir ist auch Informatiker und bei ihm habe ich schon das Gefühl, dass er mich ein wenig unterschätzt. Vielleicht auch, weil ich keine Vorerfahrungen hatte. Aber alles in allem waren die Reaktionen okay.

Katy: In der Familie und im Kollegenkreis war es auch okay. Sie waren alle sehr unterstützend und fanden es cool, dass ich dies machen möchte.

Gibt es Momente, in denen ihr spürt, dass ihr als Frau in diesem Beruf in der Minderheit seid?

Sophie: Bei uns ist es so, dass im ersten Lehrjahr alle Lernenden zusammen sind und da habe ich es schon gemerkt. Ich war die einzige junge Frau mit acht Jungs und da habe ich gemerkt, wie sie miteinander umgehen, aber auch, wie sie auf mich reagiert haben. Manchmal hatte ich schon das Gefühl, dass ich mich nicht gut einbringen konnte. Jetzt bin ich in anderen Abteilungen mit älteren Mitarbeitenden und da merke ich es nicht mehr, es war mehr ein Thema unter den Gleichaltrigen.

In der vorherigen Abteilung hatte ich eine Berufsbildnerin und mein Eindruck war, dass die Jungs vor ihr weniger Respekt hatten als vor den Berufsbildnern. 

Katy: Bei uns im Betrieb hat es ausser mir nur noch im HR Frauen, wir werden aber nicht anders oder speziell behandelt. Wir sind wie eine grössere Familie, da wir ein kleiner Betrieb sind. Ich hatte bisher nur einen Kundenkontakt, wo die Initialreaktion «spannend» war. Der Kunde meinte, er fände es sehr cool, dass ich mit ihm zusammenarbeiten werde und da war klar, dass er auf mein Geschlecht anspielt. Ich habe mich dann später mit meinem Chef ein wenig lustig darüber gemacht, wir fanden das beide eher komisch.

Was müsste verändert werden, damit ihr euch als Frau noch wohler fühlt oder gefühlt hättet?

Sophie: Ich fände es cool, wenn es mehr Frauen in diesem Beruf gäbe. Bei mir selber wüsste ich nichts Konkretes, dass ich mich wohler fühlen würde.

Katy: Ich kann auch nichts Spezifisches nennen, das es besser machen würde.

Was gefällt euch an eurer Arbeit besonders?

Katy: Die Vielfältigkeit und die Kreativität, die wir anwenden können, denn es gibt immer mehrere Lösungswege. Dass ich meine eigenen Ideen einbringen kann in einem Projekt und andere davon überzeugen kann, dass es so besser ist oder einfacher geht. Sowie auch einfach die Arbeit am PC selber!

Sophie: Ich stimme dem allen zu. Mir gefällt auch die Komplexität, du kommst manchmal auch an deine Grenzen, aber wenn du es dann geschafft hast, dann freust du dich auch!

Gibt es etwas, dass ihr anderen Frauen auf den Weg geben willst, die den gleichen Beruf ausüben wollen?

Katy: Wenn das Interesse da ist, dann unbedingt versuchen. Die Klassenkameraden erlebe ich als hilfreich und lieb, daher ich würde es machen!

Sophie: Habt keine Angst! Es ist nicht so schlimm, wie ihr es euch vielleicht vorstellt. Ich habe mich schnell daran gewöhnt, dass ich nur mit Jungs bin. Denn schliesslich spielt das Geschlecht doch nicht so eine grosse Rolle. Und vor allem: Umso mehr junge Frauen sich getrauen, umso mehr werden wir dann auch in diesem Beruf.
 
Schöne Ratschläge und ein spannender Einblick, der hoffentlich andere Frauen für eine Lehre in der Informatik ermutigt – herzlichen Dank!


Katy Graf und Sophie Freimann sind im zweiten Lehrjahr zur Informatikerin und an ihrer Berufsschule in Zug die einzigen jungen Frauen in ihrer Klasse.