Zum Test
Zur Übersicht2. Februar 2022
Mentoring-Programm

Mentee und Mentorin im Gespräch

Marija-Angelina Morozova als Mentee und Katja Bluntschli als Mentorin sind seit Mai 2021 eines von 18 Mentoring-Paaren und erzählen, wie sie das Programm bis jetzt erlebt haben.


Marija-Angelina, es ist ein Dreivierteljahr her, seit du dich für das Mentoring angemeldet hast. Was hat dich dazu bewogen, im Programm «Rudel der Löwinnen» mitzumachen?

Marija-Angelina: Ich hatte über das Uni-Mailing des Instituts für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung vom Programm erfahren. Ich hatte damals gerade meinen Bachelor abgeschlossen und meinen ersten «studiumsrelevanten» Job angefangen. Obwohl es nur ein Praktikum war, fühlte ich mich überfordert. Ich war verzweifelt, obwohl ich glücklich war, dass ich den Job bekommen hatte. Gleichzeitig fühlte ich mich aber schlecht, einen Lohn zu erhalten, da ich aus meiner Sicht überhaupt keinen Mehrwert für das Unternehmen brachte. Als ich dann den Beschrieb des «Rudels der Löwinnen» las, habe ich gemerkt, dass ich nicht allein bin mit meinen Zweifeln, und habe mich sofort angesprochen gefühlt.

Katja, für dich als Geschäftsführerin der Region Ost im AJB und Mentorin im Projekt ist die Ausgangslage ja eine andere.

Katja: Durchaus. Ich habe via amtsinternen Aufruf vom «Rudel der Löwinnen» gehört und fand die Idee sehr gut. Ich bin im letzten Jahrzehnt meiner beruflichen Tätigkeit und bereit, Wissen und Erfahrung weiterzugeben – wenn es denn jemand hören will (lacht). Ich habe gar nicht darüber nachgedacht, was das Mentoring mir selber bringt, sondern mich gefragt, was es einer jungen Frau bringen könnte, die am Anfang ihrer beruflichen Laufbahn steht. Jetzt merke ich aber, dass ich auch persönlich profitiere. Ich habe über Marija, die drei Jahrzehnte jünger ist als ich, einen weiteren Zugang zur Generation Z erhalten. Ich lerne viel von den jüngeren Generationen, versuche auch, zu erfassen, wie sie ticken. Schliesslich will ich die Organisation fit halten, damit jüngere Menschen Lust haben, bei uns zu arbeiten.

Was gefällt dir sonst noch am Programm «Rudel der Löwinnen»?

Katja: Mir ist die Gleichstellung der Geschlechter sehr wichtig. Was mir allerdings nicht zusagt, ist, wenn Menschen etwas fordern, ohne selbst zu handeln. Und ich glaube, ich kann junge Frauen dabei unterstützen, mit der Einstellung, selbst handeln zu wollen, ihren Weg zu gehen. Ich sehe, dass die jungen Frauen heute anders unterwegs sind als wir in den 1980er- und 1990er-Jahren. Ich finde es wichtig, dass Frauen einfach «machen» – kümmert euch weniger darum, was andere denken, sondern zeigt eure Kompetenzen und setzt euch für euch und eure Ziele ein. Ich habe eine Weile gebraucht, um zu lernen, mich für mich selbst einzusetzen. Dazu gehört, fokussiert und auch mit Spass die eigenen beruflichen Ziele zu verfolgen – den Menschen zugewandt und gleichzeitig klar in der Sache. Vielleicht kann Marija durch das Mentoring schneller an den Punkt gelangen, an dem sie weiss: Ich bin jemand, ich kann etwas und ich habe eine Idee, wie ich es gern hätte.

Marija-Angelina, was schätzt du am «Rudel der Löwinnen»?

Marija-Angelina: Für mich ist es positiv, zu sehen, dass ich mit meinen Gedanken und Selbstzweifeln nicht allein bin. Es ist natürlich traurig, dass es vielen Frauen so geht, aber es sind einfach auch kulturelle Prägungen und Erziehungsmuster, die dazu führen, dass viele von uns mit den gleichen Herausforderungen konfrontiert sind. Das hat mir geholfen, nicht so hart mit mir selbst zu sein. Meine Selbstzweifel sind nicht meine Schuld, aber ich kann etwas daran ändern.

Wie konntest du konkret profitieren?

Marija-Angelina: Aus den verschiedenen Workshops und dem Mentoring mit Katja konnte ich in Bezug auf die Arbeitswelt vieles mitnehmen: Wichtig war nur schon, zu verstehen, dass ein Arbeitgeber mir gegenüber auch Pflichten hat, die ich ohne Bedenken einfordern kann. Anfänglich hatte ich ja sogar ein schlechtes Gewissen, den Praktikumslohn zu verdienen. Knapp ein Jahr später habe ich im Mitarbeiterinnengespräch erfolgreich sowohl eine Gehaltserhöhung als auch eine Pensumsreduktion eingefordert – ohne mich dabei schlecht zu fühlen.

Katja: Gut gemacht, Marija. Vor einem halben Jahr hättest du mich noch kontaktiert, um das Gespräch vorzubereiten. Dass du das jetzt allein gemacht hast, zeigt, dass das Mentoring gewirkt hat. Das freut mich.

Katja, hattest du auch ein solches Schlüsselerlebnis?

Katja: Bei mir haben die Themen aus dem Programm weitere Kreise gezogen. Ich habe mich unlängst mit meinem Mann über das Netzwerken unterhalten. Ich argumentierte, dass wir Frauen punkto Netzwerkfähigkeit schon dies und das von den Männern abschauen könnten. Er hingegen fand, das Gegenteil sei der Fall, nämlich dass Frauennetzwerke viel tragfähiger seien. Sie würden zwar weniger wahrgenommen, seien aber viel verlässlicher.

Diese Reflexionsräume, in denen wir Inputs bekommen, bringen so viel Erkenntnisgewinn: Immer wieder Erfahrungen teilen, sich austauschen, die eigene Sicht anpassen. Gerade diese Einschätzung meines Partners hat mir sehr gefallen: Wenn Frauen aufeinander achten, hat das etwas sehr Verlässliches. Genau hier setzt das Projekt «Rudel der Löwinnen» an. Wir Frauen fördern und unterstützen uns gegenseitig.