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Zur Übersicht18. Mai 2022
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Stadträtin Simone Brander

Weibliche Vorbilder braucht die Welt. Von ihnen kannst du lernen und dich inspirieren lassen. In unserer Rubrik „5 Fragen an …“ erzählen sie dir, wie sie dorthin gekommen sind, wo sie heute stehen und welchen Tipp sie für junge Frauen haben. In dieser Ausgabe haben wir mit Simone Brander, SP-Politikerin, Stadträtin und diplomierte Umweltnaturwissenschaftlerin, gesprochen.

Simone Brander, du startest im Mai dein neues Mandat als Stadträtin – herzliche Gratulation! Dein Engagement für die Umwelt ist sehr beeindruckend, 13 Jahre lang hast du für das Bundesamt für Energie gearbeitet, unter anderem als Leiterin Dienst Geologische Tiefenlager. Wie bist du dahin gekommen, wo du heute stehst?

Ich habe immer das gemacht, was mich interessierte und wo ich etwas bewirken konnte. Ich habe Umweltwissenschaften studiert und konnte relativ schnell beim Bundesamt für Energie (BFE) einsteigen. Dabei habe ich mein politisches Interesse von Anfang an kommuniziert und das hat sich sehr gut gefügt. Als ich als Gemeinderätin gewählt wurde, konnte ich mein Pensum beim BFE reduzieren. Umweltthemen fand ich immer spannend, gerade auch die Zusammenhänge wie beispielsweise beim Aufsetzen eines Recycling-Systems, das nur als gesamthafte Lösung funktioniert. D. h. wenn auch die Leute motiviert werden mitzumachen und das System sowohl aus ökologischer als auch ökonomischer Sicht aufgeht. Diese Fragen faszinieren mich auch heute noch.

Mit welchen Herausforderungen warst du konfrontiert?

Es gab Angriffe auf meine Person, als ich beim Bundesamt für Energie gearbeitet habe. Beispielsweise wurden die Leute sehr wütend, als es um die Entsorgung von radioaktiven Abfällen in ihrer Gemeinde ging. Auch im Wahlkampf für den Stadtrat habe ich Angriffe erlebt, da wusste ich aufgrund der Erfahrungen im BFE aber bereits, wie damit umgehen.

Wie bist du damit umgegangen?

Ich habe gelernt, sachlich zu bleiben, die Leute und ihre Anliegen ernst zu nehmen. Ich bin nicht sehr selbstbewusst, aber ich bin immer gerne vor Leuten gestanden und habe meine Sache vertreten. Ich bin auch immer gut vorbereitet für meine Anliegen, das hat ebenfalls geholfen. Anfangs hatte ich in den Kommissionen häufig mit älteren Männern zu tun und gemerkt, dass sie es sich nicht gewöhnt sind, mit mir auf Augenhöhe zu diskutieren. Aber ich habe mich immer fürs Thema interessiert und habe Fragen gestellt, weil ich mehr wissen wollte. Das hat auch die Gegenseite gemerkt und mich respektiert.

Auf was bist du stolz?

Eigentlich auf alles :-). Insbesondere auf inhaltliche Dinge, die ich politisch erreichen konnte. Ein Beispiel ist ein Vorstoss, den wir im Gemeinderat eingereicht haben, dass es bei Beschaffungen in der Verwaltung nicht nur finanzielle, sondern auch ökologische Vorgaben und Standards benötigt. Er wurde angenommen und wird nun von der Stadt umgesetzt und angewandt. Das freut mich sehr, da es zwar ein trockenes Anliegen ist, aber eine grosse Wirkung hat!

Was hättest du dir aus der heutigen Erfahrung bei deinem Berufseinstieg gewünscht?

Ich bin gut in die Arbeitswelt gestartet. Anfangs wollte ich nach dem Studium ein Doktorat beginnen und habe mich für mehrere Dissertations-Stellen beworben. Das hat dann nicht geklappt. Dieser Abschied von der Wissenschaft war schon mit Wehmut verbunden. Nun denke ich, dass es gut so war. Auch konnte ich beim Bundesamt für Energie ein Forschungsprogramm leiten, das hat mir viel Freude bereitet und hat sehr gut gepasst.

Dein Tipp für junge Frauen beim Berufseinstieg:

Mache immer das, was dir Spass bereitet und wozu du dich berufen fühlst. Habe auch den Mut, abzubrechen, wenn du merkst, dass es dir nicht entspricht.


Simone Brander hat Umweltnaturwissenschaften an der ETH studiert und viele Jahre beim Bundesamt für Energie gearbeitet, unter anderem als Leiterin Dienst Geologische Tiefenlager. Neben ihrer Arbeit hat sie sich über 12 Jahre als SP-Gemeinderätin der Stadt Zürich eingesetzt. Im Frühling 2022 wurde sie zur Stadträtin von Zürich gewählt.

Zur Übersicht9. Mai 2022
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Architektin und Bauherrenvertreterin Melanie Michel

Weibliche Vorbilder braucht die Welt. Von ihnen kannst du lernen und dich inspirieren lassen. In unserer Rubrik „5 Fragen an …“ erzählen sie dir, wie sie dorthin gekommen sind, wo sie heute stehen und welchen Tipp sie für junge Frauen haben. In der fünften Ausgabe haben wir mit Melanie Michel gesprochen, Architektin, Bauherrenvertreterin für Grossprojekte beim Flughafen Zürich und eine der ersten Frauen, die ihre leitende Arbeit in einem Job-Sharing-Modell durchführt.

Wie bist du dahin gekommen, wo du heute bist?

Ich bin ein sehr offener und aktiver Mensch und habe schon immer vieles ausprobiert. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, weshalb ich heute da stehe, wo ich bin. Aber gerade die Berufswahl fiel mir nicht leicht, mich haben einfach so viele Themen gereizt. Von meinem eigentlichen Wunsch, Architektur zu studieren, wurde mir von vielen Seiten abgeraten, was mich als junge Frau verunsichert hatte. Ich begann Betriebswirtschaft, Wirtschaftspädagogik und Germanistik, aber das Kreative hat gefehlt. Deshalb habe ich mich nach dem Grundstudium für einen Studiengangwechsel entschieden. Das war ein sehr schwerer Schritt, da ich mir selbst eingestehen musste, dass ich etwas Grundlegendes im Leben ändern muss.


Der Wechsel selbst war ein totaler Befreiungsschlag, endlich hatte ich das Gefühl ‚angekommen‘ zu sein. Mich reizten schon im Studium grosse, komplexe Aufgaben und ich entschied mich für ein Praxissemester in Hamburg. Durch diesen Ortswechsel eröffneten sich plötzlich ganz neue Möglichkeiten. Dabei habe ich schon während dem Studium viel gearbeitet, unter anderem für einen Architekturverlag in Hamburg. Nach Abschluss des Studiums ging ich nach London und arbeitete als ‚klassische Entwurfsarchitektin‘ für namhafte Büros. Das war eine sehr intensive, spannende und kreative Zeit. In das Bau-Projektmanagement wechselte ich vor 13 Jahren, mit dem Umzug von England nach Zürich. In diesem Berufsfeld fühle ich mich sehr wohl. Interessanterweise spiegeln die Tätigkeiten in der Bauherrenvertretung meine beiden Studiengänge wieder.

Mit welchen Herausforderungen warst du auf deinem Weg konfrontiert?

Die eigentliche Berufswahl war für mich eine Herausforderung, da hätte ich Support benötigt. Eine weitere Herausforderung war die Vereinbarung Kind und Job. Das grösste Thema dabei war sicherlich, meinen eigenen Ansprüchen gerecht zu werden. Zum einen wollte ich als Mutter so viel Zeit wie möglich mit meinem Kind verbringen und gleichzeitig die Aufgaben, an denen ich schon davor jahrelang tätig war, weiterhin wahrnehmen. Die Lösung war dann, den Arbeitgeber zu wechseln – von einem Consulting Büro auf die Seite des Flughafens. Mit meinen Vorgesetzten definierten wir die Tätigkeit im Jobsharing-Modell. In unserer Abteilung ‘Real Estate Projekte‘ war dies neu und es funktioniert bisher hervorragend. Ich bin überzeugt, dass dieses Modell in vielen Bereichen möglich ist.

Wie bist du mit diesen Herausforderungen umgegangen?

Was mir geholfen hat, gerade bei der Umorientierung des Studiums, war, dass ich gelernt habe, meine Gefühle ernst zu nehmen und auf die berühmte „innere Stimme“ zu hören. Beim Wiedereinstieg nach der Babypause war es ähnlich – ich habe eine Strategie ausgearbeitet mit meinem Partner und meinem Arbeitgeber. Dabei ist offene Kommunikation das Wichtigste. Man sollte sich überlegen, was man ehrlich bereit ist, zu geben. Es war ein Prozess und Arbeit, und es hat sich gelohnt. Nicht zuletzt, weil wir so unsere eigene Kultur leben und diese auch vermitteln können.

Worauf bist du stolz?

Das sollten wir uns häufiger fragen 🙂 Ich bin stolz auf meine Unabhängigkeit, die habe ich mir über die Zeit erkämpft. Heute kann ich frei Entscheidungen für mein Leben treffen und vertraue meinen Fähigkeiten. Auch bin ich stolz, dass ich beruflich ‚angekommen‘ bin. Ich arbeite heute an spannenden Projekten in einem respektvollen, positiven Arbeitsumfeld. Und ich bin so stolz auf meine Familie, wie wir drei als Team funktionieren, das ist ein Geschenk.

Was hättest du dir aus der heutigen Erfahrung bei deinem Berufseinstieg gewünscht?

Mir hätte es geholfen, wenn einem beim Berufseinstieg der Druck von Aussen genommen wird. Alle fragen dich: „Fertig mit dem Studium. Wo gehst du jetzt hin?“ Ich hätte einfach den Zuspruch gebraucht „Vertrau deinem Gefühl.“ Das Leben verändert sich ständig und dadurch ergeben sich auch immer wieder Chancen, Neues auszuprobieren. Das hört ja nicht mit dem Einstieg auf. Das würde ich gerne jungen Frauen mitgeben: Du kannst so sein, wie du bist, und das ist genau richtig.


Zu meiner Zeit waren die Universitäten zudem sehr auf die Wissensvermittlung fokussiert,  aber sie haben den Student:innen aus meiner Sicht nicht die Möglichkeiten dargelegt, die sich nach dem Studium ergeben. Für mich war der Austausch mit Ausbildenden und Professor:innen die grösste Hilfe. Aus diesem Grund bin ich begeistert von eurem Mentoring-Projekt, das ist der Support, den ich mir als junge Frau gewünscht hätte.

Dein Tipp für junge Frauen beim Berufseinstieg?

Es lohnt sich, mutig zu sein! Wenn du neue Wege gehst und deine Komfortzone verlässt, lernst du dich selbst besser kennen und dann ergeben sich Dinge, die du zuvor nicht erwartet hättest.

Vertraue in deine Gefühle und nehme die innere Stimme ernst.

Informiere dich gut, führe persönliche Gespräche und erarbeite aus diesem Wissen dann deine eigene, persönliche Strategie. Das hilft, um sich zu fokussieren. Wenn du dich dann mit Überzeugung und Leidenschaft entscheidest, dann spürt das dein Gegenüber – ob das beim Berufseinstieg oder im Job ist.


Melanie Michel, 47 Jahre alt, Dipl. Ingenieurin Architektur und tätig als Bauherrenvertreterin für Grossprojekte bei der Flughafen Zürich AG. Sie ist verheiratet und hat mit ihrem Partner einen Sohn.