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Zur Übersicht13. Juni 2022
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Regierungsrätin und Bildungsdirektorin Silvia Steiner

Frauen aus verschiedenen Branchen und mit unterschiedlichen Hintergründen beantworten 5 Fragen. Sie erzählen, wie sie dorthin gekommen sind, wo sie heute stehen und geben jungen Frauen ihre Tipps weiter. In der dritten Ausgabe haben wir mit Silvia Steiner, Regierungsrätin und Bildungsdirektorin des Kantons Zürich, gesprochen.

Silvia Steiner, Sie sind ein Vorbild für junge Frauen. Wie sind Sie dahin gekommen, wo Sie heute stehen?

Dass ich Karriere machen konnte, war nicht selbstverständlich. Ich komme aus einer KMU-Familie. Meine Eltern sind keine Akademiker. Sie haben mich aber immer bestärkt in dem, was ich tat. Besonders meiner Mutter war es immer wichtig, dass ich später einmal unabhängig sein würde.

Doch die Zeit am Gymnasium war für mich schon hart. Meine Eltern konnten mich nicht im gleichen Mass unterstützen, wie ich und mein mittlerweile verstorbener Mann unsere Kinder später unterstützen konnten. Kinder aus Haushalten, deren Eltern nicht studiert haben, brauchen für das Gymi einen längeren Atem oder gezielte Unterstützung. Als Bildungsdirektorin ist es mir darum heute wichtig, die richtigen politischen Rahmenbedingungen zu schaffen. Schülerinnen und Schüler mit schwierigen Lernbedingungen zu Hause sollen den nötigen Support erhalten.

Chancengerechtigkeit ist mir aber grundsätzlich sehr wichtig. Leistungsschwache wie Leistungsstarke sollen gleichermassen entsprechend ihren Bedürfnissen gefördert werden. Besonders der Schutz der Schwächsten war mir immer ein Herzensanliegen und hat meine Arbeit und meine Karriere geprägt. Nach dem Jus-Studium war ich Chefin der Kriminalpolizei der Stadtpolizei Zürich, später der Zuger Kriminalpolizei. Schliesslich war ich federführende Staatsanwältin des Kantons Zürich im Bereich Menschenhandel.

Mit welchen Herausforderungen waren Sie auf Ihrem Weg konfrontiert?

Als Staatsanwältin habe ich einen Kampf gegen Menschenhandel und Zuhälter geführt, der wichtig war, aber mich auch stark gefordert hat. Um damit besser umgehen zu können, habe ich gelernt, immer auch die Menschen zu sehen, nicht nur Täter und Opfer.

Schwierige Situationen gab es manchmal auch, wenn ich zu meiner Zeit bei der Polizei oder als Staatsanwältin unerwartet nicht in der Nähe meiner Kinder sein konnte. Zum Beispiel wegen eines Piketteinsatzes mitten in der Nacht. Nur durch die Gewissheit, dass sie sich in besten Händen befanden, konnte ich mich voll auf meine berufliche Aufgabe konzentrieren.

Wie sind Sie mit diesen Herausforderungen umgegangen?

Hinter jeder starken Frau steht ein starker Mann. Während meiner langjährigen Berufstätigkeit als Polizeichefin und Staatsanwältin konnte ich immer auf meinen Mann zählen, der sich neben seiner Tätigkeit als freischaffender Künstler hervorragend um unsere beiden Kinder kümmerte.

Doch wer stark im Beruf eingebunden ist, braucht oft mehrere Menschen, die ihm oder ihr den Rücken frei halten: Also nicht nur einen Mann, der auch mal das Abendessen vorbereitet, sondern auch eine Schwiegermutter oder eine Krippe, die sich um die Kinder kümmert.

Für mich war die Familie immer wichtig. Jedes Mitglied übernimmt Aufgaben und trägt Verantwortung. Ich lebe mit meiner Mutter, meiner erwachsenen Tochter und meiner Enkelin in einem Mehrgenerationenhaushalt. Das führt mir Ansprüche und Anliegen der verschiedenen Generationen täglich vor Augen und gibt mir die Gelegenheit, auch etwas zurückzugeben.

Worauf sind Sie stolz?

Wenn es etwas gibt, auf das ich als Bildungspolitikerin stolz bin, dann ist es die Einführung des Lehrplans 21. Dieser Lehrplan ist ein Meilenstein in der Entwicklung der Volksschule, und seine Impulse sind mittlerweile im ganzen Bildungssystem zu spüren. Der Lehrplan 21 fokussiert stärker auf das Individuum und ist darum ein wichtiger Schritt in Richtung chancengerechte Schule.

Auf die Förderung der Chancengerechtigkeit lege ich grossen Wert – und zwar auf allen Schulstufen. Die Weichen für die berufliche Laufbahn werden nämlich oft bereits in der Primarschule gestellt. Dort sollen alle Kinder erleben und erfahren, dass sie sich in ihrem Leben unabhängig von ihrem Geschlecht oder ihrem familiären Hintergrund so entfalten können, wie es ihren Wünschen und Fähigkeiten entspricht.

Was hätten Sie sich aufgrund Ihrer heutigen Erfahrung bei Ihrem eigenen Berufseinstieg gewünscht?

Ich hätte mir einen höheren Frauenanteil auch in Führungsetagen gewünscht. Als Frau war ich immer in der Minderheit, und das Verständnis der männlichen Vorgesetzten für Frauenanliegen war eher gering.

Ihr Tipp für junge Frauen beim Berufseinstieg?

Trauen Sie sich etwas zu! Sie können es nämlich. Besonders, wenn Sie die Aussicht auf eine Führungsposition haben. Ich habe den Eindruck, dass Frauen oft eine ganz andere Anspruchshaltung gegenüber sich selbst haben als viele Männer. Und dementsprechend eher ins Grübeln kommen, bevor sie eine Kaderposition annehmen: «Kann ich das?», «Bin ich die richtige Person für diesen Job?» oder «Werde ich auch ernst genommen, wenn ich das mache?». Da empfehle ich ihnen gerne: Machen Sie den nächsten Schritt! Sie können das!


Silvia Steiner, geboren 1958, ist seit 2015 Regierungsrätin und Bildungsdirektorin des Kantons Zürich. 2017 wurde sie zur Präsidentin der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) gewählt. Sie absolvierte ihr Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Zürich und promovierte an der Universität Lausanne mit dem Thema Häusliche Gewalt. Vor ihrer Wahl in den Regierungsrat arbeitete Silvia Steiner als Bezirksanwältin, Polizeioffizierin und Chefin der Kriminalpolizei der Stadt Zürich, als Chefin der Kriminalpolizei der Zuger Polizei und als Staatsanwältin. Als federführende Staatsanwältin war sie unter anderem verantwortlich für die Bekämpfung des Menschenhandels und trug zu einer Beruhigung der Strassenprostitution in Zürich bei. Silvia Steiner ist verwitwet und Mutter von zwei erwachsenen Kindern.

Zur Übersicht7. Juni 2022
Mentoring-Programm

Ein Abschluss mit Löwinnengebrüll

Im Mai vor einem Jahr hat das Mentoring-Programm „Rudel der Löwinnen“ mit 18 Mentees und 18 Mentorinnen gestartet. Neben dem Löwinnen-Gehege des Zoo Zürichs feierten die Teilnehmerinnen den Abschluss des erfolgreichen Mentoring-Jahres. Spoiler vorweg: Es wird einen nächsten Mentoring-Durchgang geben.

Die Löwinnen vom Zürich Zoo liegen auf einem Felsen.

Vor genau einem Jahr haben sich die Mentees und Mentorinnen des Rudels der Löwinnen zum ersten Mal gesehen. Wegen Corona fand das erste Zusammentreffen am Bildschirm statt. In 18 Video-Räumen trafen die Mentees und Mentorinnen aufeinander, unterhielten sich zum ersten Mal und tauschten sich über ihre Interessen und Ziele aus.

Inzwischen ist ein Jahr vergangen – ein Jahr in dem die jungen Frauen durch ihre Mentorin begleitet wurden, Fragen zu ihrem Berufseinstieg, den ersten Erfahrungen am Arbeitsplatz und anderen Berufsthemen stellen konnten. Dabei arbeiteten die Mentees an ihren eigenen Herausforderungen, setzten sich mit ihrem Selbstbewusstsein auseinander und profitierten von den Erfahrungen ihrer Mentorin. Daneben gab es auch vier Workshops rund um das Thema Selbstbewusstsein – vom sicheren Auftreten, über Tipps für Bewerbungsgespräche und Lohnverhandlungen bis zum Thema Macht im Arbeitsalltag. „Ich fand es super“, sagt Mentee Lara, die an der Universität Zürich Wirtschaft studiert. „Ich merke auch bei meinem Umfeld, dass man genau solche Angebote benötigt. Das Projekt schafft ein gutes Gefühl von Zusammenhalt unter Frauen.“

Passend zum „Rudel der Löwinnen“ fand der Abschlussevent des Mentorings im Zoo Zürich statt. Neben dem Löwen-Areal, in dem die Löwinnen des Zoo Zürichs sich ausruhten (das Löwen-Männchen ist im 2021 verstorben) und hin und wieder mit lautem Gebrüll auf sich aufmerksam machten, stiessen die Mentorinnen und Mentees auf das Mentoring-Jahr an. Dabei wurde auch der Gedanke an das Rudel – ein Netzwerk von Frauen, das sich gegenseitig stärkt – zelebriert. „Ich habe viel für mich selbst mitgenommen“, sagt Mentorin Andrea, die in Dübendorf das Kinder- und Jugendhilfezentrum leitet. „Ich habe mich auch gefreut, welche Erfolge meine Mentee in diesem Jahr feiern konnte.“

Projektleiterin Fiona Feuz ist begeistert über die Rückmeldungen: „Wenn du ein solches Projekt aufziehst, weisst du nie, wie es ankommt.“ Diese positiven Meldungen sind wunderbar. Wir konnten junge Frauen bei ihrem Berufseinstieg stärken, das war unser Ziel.“ Umso mehr freut es die Projektgruppe, dass es im nächsten Jahr einen weiteren Durchgang des Mentorings gibt und das Rudel der Löwinnen weiter wachsen wird.