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Zur Übersicht16. November 2023

Frauen*domäne: Maurerin

Einige Berufe werden auch heute noch seltener von Frauen ausgeübt. Wir haben mit Frauen gesprochen, die in sogenannten „Männerdomänen“ arbeiten. Sie stellen ihren Traumberuf vor und ermutigen andere Frauen, ihren Träumen zu folgen  – so auch Leandra Wolfisberg.

Liebe Leandra, danke, dass du dir Zeit genommen hast, von deiner beruflichen Tätigkeit zu erzählen. Du bist seit Sommer ausgebildete Maurerin, wie bist du auf diesen Beruf gekommen?

Durch meine Familie habe ich einen Bezug zum Beruf: Mein Vater ist Landschaftsgärtner und hat mich schon früh mitgenommen für Arbeiten. So mit 12-13 Jahren habe ich dann das Handwerkliche für mich entdeckt, vorher hatte ich gar kein Interesse daran. Dann ging es in der Schule irgendwann darum, schnuppern zu gehen. Ich wollte schauen gehen, was mein Bruder genau macht. Er hat als Maurer die Lehre gemacht und ist inzwischen Polier. Mit 13 Jahren war ich dann dort schnuppern und weil ich aufgrund des Alters noch keinen Lehrvertrag unterschreiben konnte, wollte das Unternehmen unbedingt, dass ich ein Jahr später nochmals komme, die waren ganz begeistert. Das habe ich dann gemacht und ein Jahr später hatte ich die Lehrstelle innerhalb von einer Woche! Bereits nach dem ersten Schnuppertag war klar für mich, dass ich diesen Beruf lernen möchte – ganz zum Erstaunen meiner Mutter 😉

Aktuell gibt es immer noch deutlich weniger Frauen als Männer in diesem Beruf. Wie war es für dich, deinen Berufswunsch umzusetzen?

Ich habe mir nie Gedanken darüber gemacht, dass wenig Frauen diesen Beruf lernen. In der Schule hatte ich es immer gut mit Jungs und Mädchen und vor allem früher war ich mehr mit Jungs unterwegs, z.B. durch den Sport. Ich wurde dort schon immer gut aufgenommen und hatte nie Probleme. Was ich mir eher überlegt hatte, war, ob ich das fachlich verstehen werden, einen Nagel gerade einschlagen kann, etc.

Wie hat dein Umfeld auf deinen Berufswunsch reagiert?

Nicht gross. Ich war vorher schon in den Ferien jeweils bei meinem Vater im Geschäft und im Lockdown ging ich auch arbeiten. Daher kannte mein Umfeld mich schon so, in Arbeitskleidern und es war irgendwie klar für alle, dass das mein Ding ist. Ich musste mich nie gross erklären für meine Berufswahl.

Gibt es Momente, in denen du spürst, dass du als Frau in diesem Beruf in der Minderheit bist?

Es ist schon anders, ob es noch andere junge Frauen hat oder nicht. In der Schule ist mir zum Beispiel jeweils in der Garderobe für den Sportunterricht aufgefallen, dass die Themen unter den jungen Frauen schon ganz anders sind und auch wie sie über Dinge sprechen. Ich war dann halt in meiner Klasse immer mit Jungs.  Mittlerweile habe ich eine eigene Baustelle übernommen und habe einige Leute bei mir im Team. Ich muss mich beispielsweise um die Arbeitsaufteilung kümmern, eigentlich wie eine Polier-Funktion. Dieser Job ist grundsätzlich nicht einfach, weder für Männer noch für Frauen. Ich nehme mich selber nicht in dem Sinn als Frau wahr, dass ich denke, ich kann aufgrund meines Geschlechtes dies oder jenes nicht. Ich komme mit einer «Arbeiter»-Einstellung und scheue mich nicht vor Aufgaben, daher ist das nie ein Thema. Ich mache meine Arbeit einfach und das sehen meine Kollegen auch, daher ist das nie ein Thema, dass ich etwas nicht könnte, weil ich eine Frau bin.

Was müsste verändert werden, damit du dich als Frau noch wohler fühlst oder gefühlt hättest?

Ich brauche nicht viel, dass ich zufrieden bin. Zum Beispiel brauche ich keine eigene Baracke oder ein eigenes WC, damit würde ich mich nur vom Team separieren. Ich bin in die Lehre gekommen und war immer mit den Jungs zusammen, wir haben alle zusammen mittaggegessen und die WC-Türe lässt sich ja abschliessen 😉 So ist es familiärer, wir sind ein Haufen, der zusammengehört. Auch bei der Arbeit ist es so: Ich bekomme nie eine Arbeit extra oder eine nicht, weil ich eine Frau bin. Das ist auch einfach meine Art, ich weiss natürlich nicht, wie es anderen Frauen geht.

Was gefällt dir an deiner Arbeit besonders?

Die Arbeit im Team, du arbeitest nie alleine. Mir gefällt es gut, zu sehen, wie wir zusammen etwas aufbauen können. Ich finde es auch spannend, was vom Baufortschritt her zum Beispiel mit der Digitalisierung möglich ist. Du siehst auch immer viel Neues und es ist beeindruckend, wie schnell die Gebäude wachsen. Im Hochbau mache ich zwar eher ähnliche Arbeiten, aber jedes Objekt ist wieder anders und das macht es abwechslungsreich. Kreativität ist also gefragt.
 
Gibt es etwas, dass du anderen Frauen auf den Weg geben willst, die den gleichen Beruf ausüben wollen?

Angst ist nie ein guter Ratgeber! Egal mit welchem Beruf du startest, du machst dir sowieso am Anfang Gedanken. Es ist etwas Neues, in der Berufswelt bist du weniger behütet als vorher. Wenn eine junge Frau Interesse daran hat, auf den Bau zu gehen, dann gehe ich davon aus, dass sie schon einiges gewohnt ist und es ihr egal ist, wenn es mal kalt ist. Oder auch, dass sie gerne eine offene und direkte Kommunikation hat, auch wenn es vielleicht mal hart tönt. Das heisst, wenn du schnuppern gehst und es dir gefällt, dann mach es einfach, egal, was andere sagen. Verlieren kannst du sowieso nichts!
 
Ein schöner Rat und ein spannender Einblick, der hoffentlich andere Frauen für eine Lehre als Maurerin ermutigt – herzlichen Dank!


Leandra Wolfisberg (18) hat im Sommer ihre Maurerin-Lehre als Beste im Kanton Zug abgeschlossen. Sie arbeitet bei der Landis Bau AG im Bereich Hochbau, wo sie auch bereits ihre Lehre absolviert hat.