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Zur Übersicht29. Juli 2022
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Gründerin und CEO Laura Schälchli

Frauen aus verschiedenen Branchen und mit unterschiedlichen Hintergründen beantworten 5 Fragen. Sie erzählen, wie sie dorthin gekommen sind, wo sie heute stehen und geben jungen Frauen ihre Tipps weiter. In dieser Ausgabe beantwortet Laura Schälchli, Unternehmerin, Mitbegründerin und CEO von laflor Schokoladen Manufaktur, unsere Fragen.

Laura Schälchli, als Gründerin und Unternehmerin bist Du ein Vorbild für junge Frauen. Wie bist Du dahin gekommen, wo Du heute stehst?

Es ist ganz einfach: Von nichts kommt nichts. Ich glaube, Erfolg musst du dir erarbeiten. Wenn wir gute Arbeit leisten und von den richtigen Menschen umgeben sind, werden wir auch gefördert. Wichtig ist aus meiner Sicht auch, dass wir trotz harter Arbeit, Spass haben und positiv bleiben. Sich über etwas beklagen ist das Gegenteil von attraktiv. Niemand möchte mit dir arbeiten, wenn du ständig jammerst und dich nicht wohlfühlst.

Und ich habe keine Angst vor Neuem. Es ist wie ins kalte Wasser springen – gerade Neues braucht viel Überwindung. Immer wenn ich aus meiner Komfortzone gegangen bin, bin ich weitergekommen.

Zudem habe ich immer versucht, mich mit niemandem zu messen und bin meinen eigenen Weg gegangen.

Mit welchen Herausforderungen warst Du auf deinem Weg konfrontiert?

Nach meinem Handelsmittelschul-Abschluss wusste ich, dass ich nach New York gehen will. Ich habe ein Jahr in Zürich gearbeitet und wie wahnsinnig Geld gespart für dieses Ziel und mit 19 bin ich dann nach New York gezogen. Es war hart. Am Anfang habe ich aus Überforderung jeden Abend im Bett geweint: Ich verstand die englischen Texte nicht, hatte zu viele Hausaufgaben an der Uni und ich fand keine Arbeitsstelle. Aber New York hat mir beigebracht, niemals zu schnell aufzugeben.

Auch später gab es immer wieder Herausforderungen. Kein Weg ist einfach. Als ich zum Beispiel spürte, dass es mich nicht ganz erfüllt, im Designbereich zu arbeiten und dass ich in der Foodbranche arbeiten möchte, hatte ich riesig Angst vor dem Wechsel. Ich brauchte 3 Jahre, um diesen Wechsel zu vollziehen. Ich hatte einige Praktikas und Weiterbildungen gemacht, bis ich dann die erste Stelle im Foodbereich bekam.

Wie bist Du mit Herausforderungen umgegangen?

Ich finde es bis heute schwierig, mich zu entscheiden, auf mein Bauchgefühl zu hören. Ich weiss inzwischen allerdings, dass ich nur durch innere Ruhe Entscheidungen treffen kann. Ich weiss auch, wie viel Ruhe ich brauche: Ganz ehrlich, ich würde am liebsten mein Telefon verbannen – es lenkt mich vom Denken ab.

Und ich verstehe heute, dass jede Herausforderung IMMER auch eine Chance ist. Ich sage mir selber immer wieder, dass es einen Grund gibt, weshalb eine Situation jetzt gerade so ist, wie sie ist. Im Nachhinein erkenne ich nämlich, wofür die Herausforderung gut war, weshalb ich in dieser Situation steckte. Während der schwierigen Zeiten versuche ich deshalb, nicht zu viel darüber nachzudenken und mich einfach durch die Schwierigkeit durchzuarbeiten ohne zu analysieren. Und eben, ich jammere nicht – das ist schlicht nicht attraktiv. Was aber nicht heisst, dass ich nicht um Hilfe bitte.

Worauf bist Du stolz?

Dass das laflor Team gerne zur Arbeit kommt. Ich habe in so vielen unterschiedlichen Firmen gearbeitet und mir die Arbeitsweisen herausgepickt, die mir gefallen. So habe ich ein Arbeitsort kreiert, in dem ich mich zu 100% wohlfühle, und ich spüre, dass es dem Team auch so geht.

Was hättest Du Dir aufgrund Deiner heutigen Erfahrung bei Deinem eigenen Berufseinstieg gewünscht?

Ich bin meinem Weg gefolgt und war mir für nichts zu schade. Ich habe Pizzas geliefert, ich habe Stunden lang Kopien gemacht, ich habe Werbungen verteilt. Ich habe bei all diesen Jobs etwas gelernt, Personen kennengelernt, viel gesehen und erfahren. Alles hat seinen Sinn und mich dahin gebracht, wo ich heute bin.

Dein Tipp für junge Frauen beim Berufseinstieg?

Umgib dich mit Menschen, die dich auf deinem Weg unterstützen. Versuche immer, zurück zu geben, nicht nur zu nehmen. Schicke zum Beispiel eine handgeschrieben Dankeskarte, wenn dir jemand geholfen hat – es wirkt Wunder! Denke an einen Kreislauf und versuche zu verstehen, dass wir alle zu einem Netz gehören.


Laura Schälchli hat Design Management studiert, bevor sie sich im Bereich Food weitergebildet und diverse Praktikas absolviert hat. 2014 gründete Laura Sobre Mesa, ein Kompetenzzentrum für Esskultur. Seit 2018 ist sie CEO Chocolat bei laflor Schokoladen Manufaktur, die sie mitbegründet hat. Laura war zudem fünf Jahre lang Präsidentin der Slow Food Youth Switzerland und lebt in Zürich.

Zur Übersicht13. Juni 2022
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Regierungsrätin und Bildungsdirektorin Silvia Steiner

Frauen aus verschiedenen Branchen und mit unterschiedlichen Hintergründen beantworten 5 Fragen. Sie erzählen, wie sie dorthin gekommen sind, wo sie heute stehen und geben jungen Frauen ihre Tipps weiter. In der dritten Ausgabe haben wir mit Silvia Steiner, Regierungsrätin und Bildungsdirektorin des Kantons Zürich, gesprochen.

Silvia Steiner, Sie sind ein Vorbild für junge Frauen. Wie sind Sie dahin gekommen, wo Sie heute stehen?

Dass ich Karriere machen konnte, war nicht selbstverständlich. Ich komme aus einer KMU-Familie. Meine Eltern sind keine Akademiker. Sie haben mich aber immer bestärkt in dem, was ich tat. Besonders meiner Mutter war es immer wichtig, dass ich später einmal unabhängig sein würde.

Doch die Zeit am Gymnasium war für mich schon hart. Meine Eltern konnten mich nicht im gleichen Mass unterstützen, wie ich und mein mittlerweile verstorbener Mann unsere Kinder später unterstützen konnten. Kinder aus Haushalten, deren Eltern nicht studiert haben, brauchen für das Gymi einen längeren Atem oder gezielte Unterstützung. Als Bildungsdirektorin ist es mir darum heute wichtig, die richtigen politischen Rahmenbedingungen zu schaffen. Schülerinnen und Schüler mit schwierigen Lernbedingungen zu Hause sollen den nötigen Support erhalten.

Chancengerechtigkeit ist mir aber grundsätzlich sehr wichtig. Leistungsschwache wie Leistungsstarke sollen gleichermassen entsprechend ihren Bedürfnissen gefördert werden. Besonders der Schutz der Schwächsten war mir immer ein Herzensanliegen und hat meine Arbeit und meine Karriere geprägt. Nach dem Jus-Studium war ich Chefin der Kriminalpolizei der Stadtpolizei Zürich, später der Zuger Kriminalpolizei. Schliesslich war ich federführende Staatsanwältin des Kantons Zürich im Bereich Menschenhandel.

Mit welchen Herausforderungen waren Sie auf Ihrem Weg konfrontiert?

Als Staatsanwältin habe ich einen Kampf gegen Menschenhandel und Zuhälter geführt, der wichtig war, aber mich auch stark gefordert hat. Um damit besser umgehen zu können, habe ich gelernt, immer auch die Menschen zu sehen, nicht nur Täter und Opfer.

Schwierige Situationen gab es manchmal auch, wenn ich zu meiner Zeit bei der Polizei oder als Staatsanwältin unerwartet nicht in der Nähe meiner Kinder sein konnte. Zum Beispiel wegen eines Piketteinsatzes mitten in der Nacht. Nur durch die Gewissheit, dass sie sich in besten Händen befanden, konnte ich mich voll auf meine berufliche Aufgabe konzentrieren.

Wie sind Sie mit diesen Herausforderungen umgegangen?

Hinter jeder starken Frau steht ein starker Mann. Während meiner langjährigen Berufstätigkeit als Polizeichefin und Staatsanwältin konnte ich immer auf meinen Mann zählen, der sich neben seiner Tätigkeit als freischaffender Künstler hervorragend um unsere beiden Kinder kümmerte.

Doch wer stark im Beruf eingebunden ist, braucht oft mehrere Menschen, die ihm oder ihr den Rücken frei halten: Also nicht nur einen Mann, der auch mal das Abendessen vorbereitet, sondern auch eine Schwiegermutter oder eine Krippe, die sich um die Kinder kümmert.

Für mich war die Familie immer wichtig. Jedes Mitglied übernimmt Aufgaben und trägt Verantwortung. Ich lebe mit meiner Mutter, meiner erwachsenen Tochter und meiner Enkelin in einem Mehrgenerationenhaushalt. Das führt mir Ansprüche und Anliegen der verschiedenen Generationen täglich vor Augen und gibt mir die Gelegenheit, auch etwas zurückzugeben.

Worauf sind Sie stolz?

Wenn es etwas gibt, auf das ich als Bildungspolitikerin stolz bin, dann ist es die Einführung des Lehrplans 21. Dieser Lehrplan ist ein Meilenstein in der Entwicklung der Volksschule, und seine Impulse sind mittlerweile im ganzen Bildungssystem zu spüren. Der Lehrplan 21 fokussiert stärker auf das Individuum und ist darum ein wichtiger Schritt in Richtung chancengerechte Schule.

Auf die Förderung der Chancengerechtigkeit lege ich grossen Wert – und zwar auf allen Schulstufen. Die Weichen für die berufliche Laufbahn werden nämlich oft bereits in der Primarschule gestellt. Dort sollen alle Kinder erleben und erfahren, dass sie sich in ihrem Leben unabhängig von ihrem Geschlecht oder ihrem familiären Hintergrund so entfalten können, wie es ihren Wünschen und Fähigkeiten entspricht.

Was hätten Sie sich aufgrund Ihrer heutigen Erfahrung bei Ihrem eigenen Berufseinstieg gewünscht?

Ich hätte mir einen höheren Frauenanteil auch in Führungsetagen gewünscht. Als Frau war ich immer in der Minderheit, und das Verständnis der männlichen Vorgesetzten für Frauenanliegen war eher gering.

Ihr Tipp für junge Frauen beim Berufseinstieg?

Trauen Sie sich etwas zu! Sie können es nämlich. Besonders, wenn Sie die Aussicht auf eine Führungsposition haben. Ich habe den Eindruck, dass Frauen oft eine ganz andere Anspruchshaltung gegenüber sich selbst haben als viele Männer. Und dementsprechend eher ins Grübeln kommen, bevor sie eine Kaderposition annehmen: «Kann ich das?», «Bin ich die richtige Person für diesen Job?» oder «Werde ich auch ernst genommen, wenn ich das mache?». Da empfehle ich ihnen gerne: Machen Sie den nächsten Schritt! Sie können das!


Silvia Steiner, geboren 1958, ist seit 2015 Regierungsrätin und Bildungsdirektorin des Kantons Zürich. 2017 wurde sie zur Präsidentin der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) gewählt. Sie absolvierte ihr Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Zürich und promovierte an der Universität Lausanne mit dem Thema Häusliche Gewalt. Vor ihrer Wahl in den Regierungsrat arbeitete Silvia Steiner als Bezirksanwältin, Polizeioffizierin und Chefin der Kriminalpolizei der Stadt Zürich, als Chefin der Kriminalpolizei der Zuger Polizei und als Staatsanwältin. Als federführende Staatsanwältin war sie unter anderem verantwortlich für die Bekämpfung des Menschenhandels und trug zu einer Beruhigung der Strassenprostitution in Zürich bei. Silvia Steiner ist verwitwet und Mutter von zwei erwachsenen Kindern.

Zur Übersicht18. Mai 2022
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Stadträtin Simone Brander

Weibliche Vorbilder braucht die Welt. Von ihnen kannst du lernen und dich inspirieren lassen. In unserer Rubrik „5 Fragen an …“ erzählen sie dir, wie sie dorthin gekommen sind, wo sie heute stehen und welchen Tipp sie für junge Frauen haben. In dieser Ausgabe haben wir mit Simone Brander, SP-Politikerin, Stadträtin und diplomierte Umweltnaturwissenschaftlerin, gesprochen.

Simone Brander, du startest im Mai dein neues Mandat als Stadträtin – herzliche Gratulation! Dein Engagement für die Umwelt ist sehr beeindruckend, 13 Jahre lang hast du für das Bundesamt für Energie gearbeitet, unter anderem als Leiterin Dienst Geologische Tiefenlager. Wie bist du dahin gekommen, wo du heute stehst?

Ich habe immer das gemacht, was mich interessierte und wo ich etwas bewirken konnte. Ich habe Umweltwissenschaften studiert und konnte relativ schnell beim Bundesamt für Energie (BFE) einsteigen. Dabei habe ich mein politisches Interesse von Anfang an kommuniziert und das hat sich sehr gut gefügt. Als ich als Gemeinderätin gewählt wurde, konnte ich mein Pensum beim BFE reduzieren. Umweltthemen fand ich immer spannend, gerade auch die Zusammenhänge wie beispielsweise beim Aufsetzen eines Recycling-Systems, das nur als gesamthafte Lösung funktioniert. D. h. wenn auch die Leute motiviert werden mitzumachen und das System sowohl aus ökologischer als auch ökonomischer Sicht aufgeht. Diese Fragen faszinieren mich auch heute noch.

Mit welchen Herausforderungen warst du konfrontiert?

Es gab Angriffe auf meine Person, als ich beim Bundesamt für Energie gearbeitet habe. Beispielsweise wurden die Leute sehr wütend, als es um die Entsorgung von radioaktiven Abfällen in ihrer Gemeinde ging. Auch im Wahlkampf für den Stadtrat habe ich Angriffe erlebt, da wusste ich aufgrund der Erfahrungen im BFE aber bereits, wie damit umgehen.

Wie bist du damit umgegangen?

Ich habe gelernt, sachlich zu bleiben, die Leute und ihre Anliegen ernst zu nehmen. Ich bin nicht sehr selbstbewusst, aber ich bin immer gerne vor Leuten gestanden und habe meine Sache vertreten. Ich bin auch immer gut vorbereitet für meine Anliegen, das hat ebenfalls geholfen. Anfangs hatte ich in den Kommissionen häufig mit älteren Männern zu tun und gemerkt, dass sie es sich nicht gewöhnt sind, mit mir auf Augenhöhe zu diskutieren. Aber ich habe mich immer fürs Thema interessiert und habe Fragen gestellt, weil ich mehr wissen wollte. Das hat auch die Gegenseite gemerkt und mich respektiert.

Auf was bist du stolz?

Eigentlich auf alles :-). Insbesondere auf inhaltliche Dinge, die ich politisch erreichen konnte. Ein Beispiel ist ein Vorstoss, den wir im Gemeinderat eingereicht haben, dass es bei Beschaffungen in der Verwaltung nicht nur finanzielle, sondern auch ökologische Vorgaben und Standards benötigt. Er wurde angenommen und wird nun von der Stadt umgesetzt und angewandt. Das freut mich sehr, da es zwar ein trockenes Anliegen ist, aber eine grosse Wirkung hat!

Was hättest du dir aus der heutigen Erfahrung bei deinem Berufseinstieg gewünscht?

Ich bin gut in die Arbeitswelt gestartet. Anfangs wollte ich nach dem Studium ein Doktorat beginnen und habe mich für mehrere Dissertations-Stellen beworben. Das hat dann nicht geklappt. Dieser Abschied von der Wissenschaft war schon mit Wehmut verbunden. Nun denke ich, dass es gut so war. Auch konnte ich beim Bundesamt für Energie ein Forschungsprogramm leiten, das hat mir viel Freude bereitet und hat sehr gut gepasst.

Dein Tipp für junge Frauen beim Berufseinstieg:

Mache immer das, was dir Spass bereitet und wozu du dich berufen fühlst. Habe auch den Mut, abzubrechen, wenn du merkst, dass es dir nicht entspricht.


Simone Brander hat Umweltnaturwissenschaften an der ETH studiert und viele Jahre beim Bundesamt für Energie gearbeitet, unter anderem als Leiterin Dienst Geologische Tiefenlager. Neben ihrer Arbeit hat sie sich über 12 Jahre als SP-Gemeinderätin der Stadt Zürich eingesetzt. Im Frühling 2022 wurde sie zur Stadträtin von Zürich gewählt.

Zur Übersicht9. Mai 2022
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Architektin und Bauherrenvertreterin Melanie Michel

Weibliche Vorbilder braucht die Welt. Von ihnen kannst du lernen und dich inspirieren lassen. In unserer Rubrik „5 Fragen an …“ erzählen sie dir, wie sie dorthin gekommen sind, wo sie heute stehen und welchen Tipp sie für junge Frauen haben. In der fünften Ausgabe haben wir mit Melanie Michel gesprochen, Architektin, Bauherrenvertreterin für Grossprojekte beim Flughafen Zürich und eine der ersten Frauen, die ihre leitende Arbeit in einem Job-Sharing-Modell durchführt.

Wie bist du dahin gekommen, wo du heute bist?

Ich bin ein sehr offener und aktiver Mensch und habe schon immer vieles ausprobiert. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, weshalb ich heute da stehe, wo ich bin. Aber gerade die Berufswahl fiel mir nicht leicht, mich haben einfach so viele Themen gereizt. Von meinem eigentlichen Wunsch, Architektur zu studieren, wurde mir von vielen Seiten abgeraten, was mich als junge Frau verunsichert hatte. Ich begann Betriebswirtschaft, Wirtschaftspädagogik und Germanistik, aber das Kreative hat gefehlt. Deshalb habe ich mich nach dem Grundstudium für einen Studiengangwechsel entschieden. Das war ein sehr schwerer Schritt, da ich mir selbst eingestehen musste, dass ich etwas Grundlegendes im Leben ändern muss.


Der Wechsel selbst war ein totaler Befreiungsschlag, endlich hatte ich das Gefühl ‚angekommen‘ zu sein. Mich reizten schon im Studium grosse, komplexe Aufgaben und ich entschied mich für ein Praxissemester in Hamburg. Durch diesen Ortswechsel eröffneten sich plötzlich ganz neue Möglichkeiten. Dabei habe ich schon während dem Studium viel gearbeitet, unter anderem für einen Architekturverlag in Hamburg. Nach Abschluss des Studiums ging ich nach London und arbeitete als ‚klassische Entwurfsarchitektin‘ für namhafte Büros. Das war eine sehr intensive, spannende und kreative Zeit. In das Bau-Projektmanagement wechselte ich vor 13 Jahren, mit dem Umzug von England nach Zürich. In diesem Berufsfeld fühle ich mich sehr wohl. Interessanterweise spiegeln die Tätigkeiten in der Bauherrenvertretung meine beiden Studiengänge wieder.

Mit welchen Herausforderungen warst du auf deinem Weg konfrontiert?

Die eigentliche Berufswahl war für mich eine Herausforderung, da hätte ich Support benötigt. Eine weitere Herausforderung war die Vereinbarung Kind und Job. Das grösste Thema dabei war sicherlich, meinen eigenen Ansprüchen gerecht zu werden. Zum einen wollte ich als Mutter so viel Zeit wie möglich mit meinem Kind verbringen und gleichzeitig die Aufgaben, an denen ich schon davor jahrelang tätig war, weiterhin wahrnehmen. Die Lösung war dann, den Arbeitgeber zu wechseln – von einem Consulting Büro auf die Seite des Flughafens. Mit meinen Vorgesetzten definierten wir die Tätigkeit im Jobsharing-Modell. In unserer Abteilung ‘Real Estate Projekte‘ war dies neu und es funktioniert bisher hervorragend. Ich bin überzeugt, dass dieses Modell in vielen Bereichen möglich ist.

Wie bist du mit diesen Herausforderungen umgegangen?

Was mir geholfen hat, gerade bei der Umorientierung des Studiums, war, dass ich gelernt habe, meine Gefühle ernst zu nehmen und auf die berühmte „innere Stimme“ zu hören. Beim Wiedereinstieg nach der Babypause war es ähnlich – ich habe eine Strategie ausgearbeitet mit meinem Partner und meinem Arbeitgeber. Dabei ist offene Kommunikation das Wichtigste. Man sollte sich überlegen, was man ehrlich bereit ist, zu geben. Es war ein Prozess und Arbeit, und es hat sich gelohnt. Nicht zuletzt, weil wir so unsere eigene Kultur leben und diese auch vermitteln können.

Worauf bist du stolz?

Das sollten wir uns häufiger fragen 🙂 Ich bin stolz auf meine Unabhängigkeit, die habe ich mir über die Zeit erkämpft. Heute kann ich frei Entscheidungen für mein Leben treffen und vertraue meinen Fähigkeiten. Auch bin ich stolz, dass ich beruflich ‚angekommen‘ bin. Ich arbeite heute an spannenden Projekten in einem respektvollen, positiven Arbeitsumfeld. Und ich bin so stolz auf meine Familie, wie wir drei als Team funktionieren, das ist ein Geschenk.

Was hättest du dir aus der heutigen Erfahrung bei deinem Berufseinstieg gewünscht?

Mir hätte es geholfen, wenn einem beim Berufseinstieg der Druck von Aussen genommen wird. Alle fragen dich: „Fertig mit dem Studium. Wo gehst du jetzt hin?“ Ich hätte einfach den Zuspruch gebraucht „Vertrau deinem Gefühl.“ Das Leben verändert sich ständig und dadurch ergeben sich auch immer wieder Chancen, Neues auszuprobieren. Das hört ja nicht mit dem Einstieg auf. Das würde ich gerne jungen Frauen mitgeben: Du kannst so sein, wie du bist, und das ist genau richtig.


Zu meiner Zeit waren die Universitäten zudem sehr auf die Wissensvermittlung fokussiert,  aber sie haben den Student:innen aus meiner Sicht nicht die Möglichkeiten dargelegt, die sich nach dem Studium ergeben. Für mich war der Austausch mit Ausbildenden und Professor:innen die grösste Hilfe. Aus diesem Grund bin ich begeistert von eurem Mentoring-Projekt, das ist der Support, den ich mir als junge Frau gewünscht hätte.

Dein Tipp für junge Frauen beim Berufseinstieg?

Es lohnt sich, mutig zu sein! Wenn du neue Wege gehst und deine Komfortzone verlässt, lernst du dich selbst besser kennen und dann ergeben sich Dinge, die du zuvor nicht erwartet hättest.

Vertraue in deine Gefühle und nehme die innere Stimme ernst.

Informiere dich gut, führe persönliche Gespräche und erarbeite aus diesem Wissen dann deine eigene, persönliche Strategie. Das hilft, um sich zu fokussieren. Wenn du dich dann mit Überzeugung und Leidenschaft entscheidest, dann spürt das dein Gegenüber – ob das beim Berufseinstieg oder im Job ist.


Melanie Michel, 47 Jahre alt, Dipl. Ingenieurin Architektur und tätig als Bauherrenvertreterin für Grossprojekte bei der Flughafen Zürich AG. Sie ist verheiratet und hat mit ihrem Partner einen Sohn.

Zur Übersicht13. April 2022
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Generalsekretärin Dr. Marion Völger

Frauen aus verschiedenen Branchen und mit unterschiedlichen Hintergründen beantworten „5 Fragen“ und erzählen, wie sie dorthin gekommen sind, wo sie heute stehen und geben jungen Frauen ihre Tipps weiter. In der dritten Ausgabe haben wir mit Dr. Marion Völger, Generalsekretärin der Bildungsdirektion Kanton Zürich, gesprochen.

Portraitfoto Dr. Marion Völger

Du bist ein Vorbild für junge Frauen. Wie bist du dahin gekommen, wo du heute stehst?

Ich tue mich etwas schwer mit dem Begriff „Vorbild“, weil es das Wort „Bild“ enthält. Bei einem Vorbild handelt es sich also um ein flüchtiges Bild, das andere von mir haben, sich von mir machen. Ich erzähle hingegen lieber, wie ich die geworden bin, die ich heute bin.

Was mich stets angetrieben hat und auch heute noch antreibt ist, dass ich mich immer weiterentwickeln will. Ich sage nicht, jetzt bin zuoberst und habe alles erreicht. Mir ist wichtig, dass ich regelmässig in mich gehe, eine Standortbestimmung mache und mir überlege, bin ich am „richtigen Ort“. Dazu kommt, dass ich wirklich sehr viel Glück hatte im Leben. Zur richtigen Zeit waren die richtigen Menschen für mich da. Menschen, die an mich glaubten.

Einer der zentralsten Faktoren ist schliesslich, dass ich mir immer meine Unabhängigkeit bewahrt habe. Ich wusste früh im Leben, dass ich keine eigenen Kinder möchte. Es war kein klassischer Karriereentscheid. Es gab einfach immer so vieles anderes, das mich bewegte. Ich hatte nie den Anspruch, dass alles gleichzeitig möglich ist. Dieser Entscheid hat für mich vieles vereinfacht. Auch wenn es nicht immer so einfach war, diesen zu kommunizieren.

Mit welchen Herausforderungen warst du auf deinem Weg konfrontiert?

Auf dem Land aufwachsen, in einem Haushalt ohne Bücher war mein Weg nicht von Beginn an vorgezeichnet. Lange hatte ich das Gefühl, ich wäre als Frau gar nicht benachteiligt: Ich bin 1971 quasi ins Frauenstimmrecht hineingeboren, als ich in die Berufswelt eingestiegen bin, wurde sogar die Frauenquote zum Thema. Doch dann hatte ich ein AHA-Erlebnis, als ich beim Kopierer zufällig eine Lohnliste entdeckt hatte … Vordergründig mag es schon so wirken, als seien wir als Frauen nicht benachteiligt. Aber genau diese Annahme ist gefährlich und lässt uns oftmals gar nicht erkennen, welche Kräfte im Hintergrund wirken.

Auf meinem Weg musste ich schon einige Rückschläge einstecken. Ich musste zum Beispiel etliche Prüfungen ein zweites Mal machen, sei es die Fahrprüfung oder Abschlussprüfungen. Jedes Mal habe ich mich wieder aufgerappelt, nicht aufgegeben. Ich bin sehr diszipliniert. Aber ich habe auch die Gabe, im richtigen Moment loszulassen, ab und zu über mich selber zu lachen und zu erkennen, so wichtig ist das alles nicht, so wichtig bin ich nicht.

Aktuell ist für mich die grösste Herausforderung, wie ich in meiner Führungsposition als Frau bei mir bleibe. Ich nehme manchmal eine Härte bei mir wahr, die ich nicht möchte. Es ist eine sehr persönliche Frage, ob und wie weit wir männlich-konnotiertes Verhalten annehmen wollen. Das muss jede Frau für sich entscheiden. Mir wurde schnell klar, auch wenn es viel Kraft kostet, möchte ich auch in dieser Funktion die Frau sein, die ich sonst bin. Und wenn das nicht geht, bin ich am falschen Ort.

Wie bist du mit diesen Herausforderungen umgegangen?

Als ich damals erfahren hatte, dass ich weniger verdiene als meine Kollegen, war ich so wütend. Seither sage ich in Lohnverhandlungen zum Beispiel nie mehr „Der Lohn ist mir nicht so wichtig“, obwohl er mir wirklich nicht wichtig ist. Wichtig ist mir hingegen, dass ich gleich viel verdiene, wie alle anderen, die gleichwertige Arbeit leisten.

Ich stürzte mich in das Thema „Frauen im Business“, las unzählige Bücher dazu. Das war wichtig, um patriarchale Strukturen zu sehen und zu verstehen. Die Tipps in den Büchern brachten mir persönlich letztlich aber wenig, weil auch diese oft vermeintlich männliche Prinzipien und Karrieretipps propagierten: „Arbeite nicht bis tief in die Nacht, geh lieber an einen Vernetzungs-Apéro“. Ich musste auch da wieder meinen eigenen Weg finden. Eine Zeit lang ging ich tatsächlich offensiver vor, fuhr öfters die Ellenbogen aus. Ich merkte dann aber bald, das tut mir nicht gut. Das bin ich nicht, ich verliere mich.

Der Schlüsselmoment im Umgang mit diesem Spannungsfeld war, als ich vor 20 Jahren anfing, Yoga zu praktizieren. Dies war einer der wichtigsten Schritte auf dem Weg zu mir selber. Yoga führt dir vor Augen, was dein eigenes Wertesystem ist und was dir wichtig ist. Gerade als Frau in einer Führungsposition, wo du viel kämpfen und dich durchbeissen musstest, fällst du schnell darauf hinein, Werten einer patriarchalen Gesellschaft zu folgen. Das ist auch heute noch eine Herausforderung für mich und ich muss mich immer wieder fragen: Was sind meine Werte? Was ist mir wichtig? So habe ich über die Jahre hinweg einen Kompass entwickelt, der mir hilft, bei mir selbst zu bleiben.

Worauf bist du stolz?

Wie gesagt, hatte ich wirklich viel Glück im Leben. Natürlich, es gab den Moment, an dem ich merkte „Oh, mein CV liest sich gut.“ Aber es gab auch diese Schlüsselmomente, auf die ich nicht „stolz“ bin, sondern für die ich einfach extrem dankbar bin. Gerade, dass ich nie in meine Seele verkauft habe, dass ich immer weitergezogen bin, beruflich oder privat, wenn ich gemerkt hatte, ich entwickle mich nicht weiter, dafür bin ich unglaublich dankbar.

Was hättest du dir aus der heutigen Erfahrung bei deinem Berufseinstieg gewünscht?

Mir hätte geholfen, wenn ich damals das Vertrauen ins Leben gehabt hätte, das ich heute habe. Aber auch dafür habe ich wohl meinen Weg gehen müssen. Es gibt nicht diesen einen magischen Moment, der dir das Vertrauen ins Leben herzaubert. Das Vertrauen kommt daher, dass wir uns bewusst auf unseren Weg machen. Das mag sehr spirituell klingen. Vielleicht ist es das auch. Ich glaube, es ist wichtig ist, zu verstehen: Du bist gut so, wie du bist, von da aus gehst du jetzt weiter und der Rest wird sich irgendwie fügen. Jede Frau macht ihre eigene Heldinnenreise.

Dein Tipp für junge Frauen beim Berufseinstieg

Wenn ich einen letzten Tipp geben darf, dann ist es dieser: Erschöpft euch nicht!

Dieses Thema betrifft viele Frauen. Wir haben nun mal mehr Durchhaltevermögen. Aber sobald wir uns erschöpfen, verstricken wir uns wieder. Gerade in schwierigen Zeiten wie diesen, mit Pandemie und Krieg, ist es umso wichtiger, dass wir bei uns bleiben.


Dr. Marion Völger leitet seit 2020 das Generalsekretariat der Bildungsdirektion im Kanton Zürich. Sie hat Rechtswissenschaften studiert und anschliessend in verschiedene Stellen an Bildungsinstitutionen und öffentlichen Verwaltungen gearbeitet. Später übernahm sie an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) die Leitung Lehre Abteilung Business Law und des Bachelorstudiengangs Wirtschaftsrecht, bevor sie 2016 die Leitung des Volksschulamts Kanton Zürich übernahm. Sie lebt mit ihrem Mann im Kanton Zürich und ist zertifizierte Yogalehrerin.

Zur Übersicht10. März 2022
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Buchhändlerin und freie Journalistin Marah Rikli

Weibliche Vorbilder braucht die Welt. Von ihnen kannst du lernen und dich inspirieren lassen. In unserer Rubrik „5 Fragen an …“ erzählen sie dir, wie sie dorthin gekommen sind, wo sie heute stehen und welchen Tipp sie für junge Frauen haben. In der zweiten Ausgabe haben wir mit Marah Rikli, Buchhändlerin und freie Journalistin, gesprochen.

Portraitfoto Marah Rikli

Marah Rikli, du bist freie Journalistin, Mentorin, Moderatorin und leitest eine Buchhandlung, auch bist du Mutter von zwei Kindern. Du hast sehr viel erreicht! Wie bist du dahin gekommen, wo du heute stehst?

Nach der Sekundarschule habe ich eine Lehre als Buchhändlerin absolviert. Ich hatte früh Ambitionen und arbeitete viel und gerne in meinem Beruf. Ich glaube, ich konnte mich in meinen jeweiligen Tätigkeiten entwickeln, weil ich den Mut hatte, meine Meinung laut auszusprechen. Und ich habe auch den männlichen Vorgesetzten mit guten Argumenten und oft auch mit Humor die Stirn geboten.

Wenn sich eine Chance bot, im Beruf weiterzukommen, ergriff ich sie. Natürlich habe ich manchmal auch mit Entscheidungen und grossen Schritten gehadert. Als ich zum Beispiel für mehrere Jahre den Buchhandel verliess und im Kader einer grossen Firma arbeitete – ohne entsprechendes Studium, als Quereinsteigerin. Da begleitete mich eine grosse Unsicherheit und Ängste, zu versagen. Ich habe dann entsprechende Kurse besucht, mich intern weitergebildet und sehr viele Bücher gelesen über den Fachbereich.

Mein Weg ist nicht geradlinig; eher eine abenteuerliche Reise. Ich bin sehr vielseitig interessiert, Veränderungsprozesse schrecken mich daher auch nicht ab, sondern motivieren mich.  Eine Bekannte sagte mir mal: du bist eine eierlegende Wollmilchsau. So ist es nicht ganz – ich komme energetisch immer wieder an meine Grenzen aber was schon stimmt: Mich kann man in sehr vielen Bereichen einsetzen: Ich habe im Gastgewerbe, im Verlagswesen, in einer Kunstgalerie, im Journalismus, in Buchhandlungen gearbeitet. Ich finde praktisch überall einen «Purpose», solange der Teamgeist und die Arbeitsumgebung stimmen und ich genügend Erholungs- und Familienzeit habe. Ja – ich glaube das kann ein Erfolgsrezept sein: Seinen «Purpose» zu kennen.

Mit welchen Herausforderungen warst du auf deinem Weg konfrontiert?

Das Thema Vereinbarkeit war definitiv eine Herausforderung, vor allem die ersten Jahre nach den Geburten. Bereits mit dem ersten Baby wurde mir klar, dass ich für eine Karriere nicht Vollzeit arbeiten will. Es ist mir zu wichtig, mehrere Tage in der Woche mit meinem Kind zu verbringen. Abgesehen davon haben mich die kurzen Nächte, die «Care-Arbeit» und die neue Verantwortung bei beiden Kindern sehr erschöpft. Der Druck, der in der Schweiz auf jungen Eltern lastet, ist enorm. Da muss politisch noch viel passieren. Daher setze ich mich auch für eine Elternzeit von mindestens einem Jahr ein.  Es braucht nicht nur gleiche Löhne für alle Geschlechter, auch Teilzeitstellen für Eltern sind wichtig und die Aufwertung der Sorgearbeit. Schliesslich ist sicher auch die Behinderung meiner Tochter eine grosse Herausforderung.

Wie bist du mit diesen Herausforderungen umgegangen?

Gewissermassen wie ein «Stehauffrauchen» oder wie Nietzsche sagte «was dich nicht umbringt, macht dich stärker». Zu empfehlen ist diese Strategie nur begrenzt. Sie half mir aber dabei, Krisen zu überwinden und nicht aufzugeben. Ausserdem war ich mit meinen Herausforderungen und Anliegen meinen Vorgesetzten gegenüber immer transparent und habe meine Bedürfnisse klar formuliert. Ich machte damit nur gute Erfahrungen.

Worauf bist du stolz?

Darauf, dass ich immer wieder Freude finde an neuen Projekten. Auf meinen Mut und dass ich damit neue Wege gehen kann. Auf meine Offenheit und meine Widerstandskraft. Und darauf, dass ich mit meinem Mann und meinen Kindern schon viele Krisen und Herausforderungen gemeistert habe.

Was hättest du dir aus der heutigen Erfahrung bei deinem Berufseinstieg gewünscht?

Mehr Bestärkung von anderen Frauen. Weniger: «du wirst dann schon noch sehen, dass es nicht so einfach ist» und mehr «du kannst das, du schaffst das, ich unterstütze dich und ich freue mich, wenn du es einfacher hast als ich». Ich wäre froh gewesen, man hätte mir als junge Frau mehr gesagt, wie wichtig der richtige Partner ist, um Kind und Beruf unter einen Hut zu bringen. Heute habe ich ihn zum Glück gefunden. Meinem bald 18-jährigen Sohn sage ich immer mal wieder, man kann auch zwischen 30 und 40 das erste Mal Eltern werden und vorher eine Ausbildung abschliessen, reisen, sich selbst finden. Es hat keine Eile.

Dein Tipp für junge Frauen beim Berufseinstieg

– Kenne deine Stärken und baue sie aus. Kenne deine Schwächen und söhne dich mit ihnen aus.
– Es muss dich nicht jeder mögen, behandle trotzdem dein Team, deine Kolleg:innen so, wie du auch behandelt werden möchtest.
– Sei fair und kenne deine Privilegien.
– Und vielleicht das Wichtigste: Lass dich nicht verunsichern durch die vielen Anforderungen an Frauen in der heutigen Gesellschaft, du wirst sie eh nie alle erfüllen können. Es ist reine Zeitverschwendung, dich davon unter Druck setzen zu lassen. Fasse lieber den Mut, Dinge auszuprobieren und auch mal zu scheitern.


Marah Rikli lebt mit ihrem Mann, ihrem Sohn (17) und ihrer Tochter (7) in Zürich. Sie schreibt als freie Journalistin für diverse Medien, begleitet Frauen als Mentorin, moderiert Lesungen und Talks und leitet noch bis im April eine Buchhandlung. Danach widmet sie sich ihrem ersten Buchprojekt.

Mehr zur ihrem Schaffen unter www.marahrikli.ch

Zur Übersicht9. März 2022
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Geschäftsführerin Pia Fach

Weibliche Vorbilder braucht die Welt. Von ihnen kannst du lernen und dich inspirieren lassen. In unserer Rubrik „5 Fragen an …“ erzählen sie dir, wie sie dorthin gekommen sind, wo sie heute stehen und welchen Tipp sie für junge Frauen haben. Den Anfang macht Pia Fach, Geschäftsführerin Gemeinschaftsgastronomie SV Schweiz.

Pia Fach, du bist Geschäftsführerin Gemeinschaftsgastronomie bei der SV Schweiz, einer der führenden Gastronomie- und Hotelmanagement-Gruppe der Schweiz. Wie bist du dahin gekommen, wo du heute stehst?

Ehrgeiz und vollen Einsatz geben, das ist wohl der Klassiker unter den Antworten auf diese Frage. Natürlich sind beide Eigenschaften wichtig, aber im gesunden Mass. So hatte ich mir zum Beispiel nie das konkrete Karriereziel gesetzt, Geschäftsführerin zu werden. Viel entscheidender war für mich, dass ich Lust auf neue Herausforderungen hatte, wobei ich immer mein Bestes geben wollte. Um dahin zu kommen, wo ich heute stehe, waren für mich also Mut, Flexibilität und Weitblick von Bedeutung. In einige Positionen musste ich erst hineinwachsen und Mut beweisen, um den Schritt aus der Komfortzone zu wagen. Dabei haben mir die Mentoren und Mentorinnen geholfen, sie haben mir Mut gemacht und mir Sachen zugetraut, die ich mir selbst noch nicht ganz zutraute. Neue Herausforderungen sind immer auch Chancen und ich musste genug flexibel sein, diese zu erkennen, zu nutzen und mich so weiterzuentwickeln. Für mich war es immer wichtig, nie das grosse Ganze aus den Augen zu verlieren und mir bewusst zu machen, dass ich nicht alles alleine schaffen muss. Ohne die Inputs und die Unterstützung meines Umfeldes stände ich nicht da, wo ich heute stehe. Ich hatte während meiner beruflichen Laufbahn verschiedene Mentorinnen und Mentoren an meiner Seite, die mich gefördert und angespornt haben. An Vorbildern hat es mir also nie gefehlt.

Mit welchen Herausforderungen warst du auf deinem Weg konfrontiert?

Als ich Restaurantmanagerin von 20 Mitarbeitenden war, bekam ich die Möglichkeit, einen Betrieb mit 120 Mitarbeitenden zu übernehmen, der zusätzlich zu den wichtigsten Mandaten der SV Schweiz gehörte. Plötzlich so viel Verantwortung und Leadership zu übernehmen, war für mich zu Beginn eine grosse Herausforderung. Es war auch nicht immer einfach, Karriere und Familie unter einen Hut zu bekommen. Ich hatte jedoch das Glück, von allen Seiten unterstützt zu werden – in privater sowie beruflicher Hinsicht.

Wie bist du mit diesen Herausforderungen umgegangen?

Der Austausch mit möglichst unterschiedlichen Personen ist für mich im Umgang mit Herausforderungen zentral. Ich habe daher schon seit meinem Berufseinstieg ein gutes Netzwerk gepflegt, auch ausserhalb der Gastronomiebranche. Bei jeder neuen Herausforderung war ich sehr dankbar über die vielen Unterhaltungen mit Personen aus den verschiedensten Bereichen und Branchen und konnte mir so jeweils ein Bild aus verschiedenen Perspektiven zusammenstellen. Zusätzlich habe ich immer aktiv nach Feedback gefragt, um daraus zu lernen und mich so weiterentwickeln zu können. Denn für mich war es wichtig, dass ich aus jeder Herausforderung etwas für das nächste Mal mitnehmen und so meine Resilienz weiter aufbauen konnte.

Worauf bist du stolz?

Ich bin auf Vieles stolz. Darunter sind nicht nur die grossen Erfolge, sondern auch kleine Dinge, die ich erreicht habe. Mit Blick auf meinen beruflichen Weg, bin ich vor allem stolz darauf, dass ich mich nicht vor Veränderungen oder Herausforderungen gescheut und den Fokus auf meine fachliche und persönliche Weiterentwicklung gelegt habe. Zudem bin ich stolz darauf, Familie und Karriere unter einen Hut gebracht zu haben. Ebenso stolz bin ich auf mein Team, auf das wirklich Verlass ist und es erfüllt mich mit Stolz, mit welcher Energie und Motivation sie täglich mitanpacken.

Was hättest du dir aus der heutigen Erfahrung bei deinem Berufseinstieg gewünscht?

Steigt man frisch in die Berufswelt ein, kann diese einschüchternd sein. Aus heutiger Sicht hätte ich gerne von Beginn an etwas mehr Mut im Umgang mit hierarchiehöheren Personen gehabt. Anfangs war ich sehr zurückhaltend mit Inputs und Vorschlägen. Mir ist es heute daher ein grosses Anliegen, dass ich für Berufseinsteiger und junge Leute ein angenehmes Klima schaffe, bei dem sich jede und jeder traut, etwas zu sagen.

Ein persönlicher Tipp für junge Frauen beim Berufseinstieg

Mein persönlicher Tipp für alle Berufseinsteigerinnen: Hab Geduld mit dir selbst, nutze jede Chance und vergiss nie, dass du nur erfolgreich sein kannst, wenn du auch Freude an der Sache hast.


Pia Fach kam 1998 zu SV Schweiz und ist seit 2020 Geschäftsführerin Gemeinschaftsgastronomie SV Schweiz. Ihren Einstieg bei SV Schweiz hatte sie als Restaurantmanagerin, übernahm später das Key Account Management für 22 Betriebe und leitete ab 2004 den Bereich Gemeinschaftsgastronomie School. Die Unterstützung von jungen Frauen ist für Pia Fach eine echte Herzensangelegenheit, da sie bei ihrem Berufseinstieg selbst von Mentorinnen und Mentoren unterstützt und gefördert wurde. Ihre Erfahrungen gibt sie heute gerne an junge Frauen weiter.